Regionalversammlung Teil II und Züchterseminar

Aus der Region Ost

Text: Susanne Tietjen, Fotos: Paula Bandlofsky-Jayanata

 

Wie bereits in der letzten Friesen News dargestellt, war in der Region Ost durch einen Formfehler bei der Wahl eine zweite Regionalversammlung mit Wiederholung der Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden nötig geworden.

Um den Mitgliedern eine zweite Anreise schmackhaft zu machen, wurde zu diesem Termin auch ein Züchterseminar mit dem holländischen Körmeister Jan Hendriks angeboten, was sich als echter Leckerbissen herausstellte und viel Zuspruch fand (26 Teilnehmer). ..Foto 1 J. Hendriks ..

Man traf sich wieder auf dem Falkenhof bei Niemegk. Es waren 23 stimmberechtigte Mitglieder anwesend. Nicole Puhlmann wurde als einzige Kandidatin mit 19 Ja-Stimmen zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Hierdurch wurde die Wahl eines neuen Delegierten der Region Ost notwendig. 23 Stimmberechtigte gaben mir ihre Stimme (Susanne Tietjen, siehe auch den Bericht in der Friesen News 2/2001, S.12 und 1/2002, S.19).

Nachdem diese Pflicht abgeschlossen war, konnte die Kür folgen. Der Körmeister Jan Hendriks begann sein Züchterseminar mit unvermeidlich trockener Theorie.
So erhält jedes Mitglied seit einigen Jahren den Exterieur-Index der FPS-Hengste. Mancher wird sich schon gefragt haben, wie man für den eigenen Zuchterfolg Nutzen daraus ziehen kann, und wie er zustande kommt.

Der Exterieur-Index der gekörten Hengste errechnet sich aus den Daten der Hengstnachkommen, die beim linearen Scoren von Körpermerkmalen, wie z.B. Kopf, Hals etc., erhoben werden. Je mehr beurteilte Nachkommen in diesen Index aufgenommen werden, desto zuverlässiger ist die Aussage (Betrouwbaarheid in % = 1. Zahl hinter der Registriernummer).

Das lineare Scoren wird seit 1993 durchgeführt. Wer eine Stute zur Eintragung vorstellt, erhält ein Formular mit den Merkmalen seiner Stute, wie die Körmeister sie beurteilen, wobei die Mitte der Skala (“25”) dem Durchschnittsfriesen entspricht, d.h. die Schulter ist eher steil, die Vorderbeine eher unterständig, die Kruppe meist abfallend etc. Meist sind die Merkmale so definiert, dass links (“5 bis 20”) eher negativ und rechts (“30 bis 45”) eher positiv bedeutet. Doch Vorsicht, es ist nicht immer so, man muss genau hinsehen! ... Skizze Score Formular ...

Wenn man nun die Stärken und Schwächen der eigenen Stute kennt, kann man diese gezielt mit den Exterieur-Indices der angebotenen Hengste vergleichen, wobei berücksichtigt werden muss, dass nur Balken ab 106 bzw. 94 wirklich aussagekräftig sind. Mit einbezogen werden muss außerdem der Erblichkeitsgrad eines Merkmals. Hierfür gibt es Erfahrungswerte, die rechnerisch eine Prozentzahl ergeben. So ist z.B. die Unterarmlänge mit 23 % eine Eigenschaft, die sehr stark vererbt wird und leichter mit der entsprechenden Anpaarung zu beeinflussen ist. Hat meine Stute einen kurzen Unterarm, so suche ich nach einem Hengst, der eine gute Unterarmlänge vererbt. Das ist natürlich keine Garantie für Erfolg, sondern nur ein Baustein im Puzzle der Zucht. Wenn es so einfach wäre, würde es auch nicht so viel Spaß machen.

Der Exterieur-Index ist ein wertvolles Hilfsmittel bei der Wahl des richtigen Hengstes.

Zu bedenken gab Herr Hendriks aber auch, dass es “das Friesenpferd” so nicht gibt, sondern dass jeder Züchter sich vorher Gedanken machen muss, welchen Typ er eigentlich züchten will – den Familienkumpel für die Freizeit, das Reitpferd für die klassische Dressur oder den Fahrsportathleten – denn all das vereint diese vielseitige Rasse in sich, ohne dadurch uneinheitlich zu sein.

Bemerkenswert fand ich auch, dass nicht nur die Pferde, sondern auch die Körmeister anhand ihrer abgegebenen Bewertungen beurteilt werden. Auffallende Abweichungen vom Durchschnitt der Beurteilungen werden so erkannt.

Im praktischen Teil wurden 3 Friesen vorgestellt, wie sie unterschiedlicher kaum sein können. Eine vierjährige Feitse-Tochter mit 1,72 m Stockmaß und überdurchschnittlichen Eigenschaften bei der Beurteilung des Kopfes, des Rückens und der Bewegung, aber mit Schwächen an den Gliedmassen und bei der Bemuskelung. .. Foto 4-jährige Stute 1.72m Stkm .. Als zweites Pferd eine vierjährige Doeke-Tochter mit 1,53 m Stockmaß, die trotz Schwäche im Rücken und nicht so gutem Trabs ihre Fans fand, da sie handlicher und “runder” war als ihre Vorgängerin. Als dritten unseren Fahrsportathleten Elco, ein neunjähriger Wallach von Melle. Er trägt unübersehbar Merkmale, die sein Vater vererbt, so den Ramskopf (Jan Hendriks: eine 5 oder vielleicht doch nur eine 2??) und das rückbiegige Vorderfußwurzelgelenk. Ansonsten hat er durchaus seine positiven Eigenschaften, z.B. einen guten Schritt. Auf jeden Fall ein gut bemuskeltes, leistungsfähiges Pferd. Elco fragte sich, warum auf Schweifwaschen dieses Mal kein Marathon folgte.

Die wichtigste Lektion auf diesem Seminar war für mich persönlich, da ich erst anfange, mich mit dem Beurteilen zu befassen, dass man ein Pferd immer in Einzelmerkmale “zerlegen” muss und auf den ersten Blick nicht gleich alles erfassen kann. So ist ein an sich negatives Merkmal vielleicht auffällig, überdeckt aber in seiner Wirkung andere positive Eigenschaften. Daher muss man immer Schritt für Schritt vorgehen.

Im Anschluss konnte jeder Jan Hendriks noch persönlich um Rat fragen.

Man konnte von diesem Seminar profitieren und eine Fortsetzung – dann vielleicht mit eigenen Beurteilungsversuchen – ist auf jeden Fall wünschenswert.